1999 Höllenhunde

Rowohlt Taschenbuch Verlag 1999, 12,90 DM

Verbrechen, die Schlagzeilen machen: Bio-Bomben bedrohen Deutschland! Kolumbianische Drogenmafia erpreßt den Kanzler! Arabische Terroristen stehlen Uran! Was in der Realität unerträglich erscheint, wird in der Fiktion spektakuläre Wirklichkeit. Deshalb hat sich das Omega-Team dem Kampf gegen die organisierte Kriminalität und für die Gerechtigkeit verschrieben. Ziel der verschworenen Gemeinschaft ist es, die abendländische Zivilisation vor dem Rückfall in die Barbarei zu retten, um stets halsbrecherisch auf der Grenze zwischen Recht und Gerechtigkeit zu balancieren. Die private Ermittlertruppe besteht aus drei sympathischen Antihelden, jeder ein Experte auf seinem Spezialgebiet, und einem steinreichen hanseatischen Mäzen.

 

Buchcover Höllenhunde

 

Auszug:

1

 

Sie waren zu weit entfernt, um etwas verstehen zu können. Auch die Sicht war eingeschränkt. Die beiden am Boden sahen nichts als die schwarzen Stämme in der Finsternis, und ihre drei Kameraden im Baum kletterten immer höher, um mehr zu erkennen als nur die Lichter entlang dem hohen Firmenzaun. Ein morscher Ast brach unter den Füßen des Anführers. In der Stille der Nacht krachte es wie ein Schuß, und alle erstarrten. Der Anführer klammerte sich an den kalten, feuchten Stamm. Die beiden anderen schlossen zu ihm auf. Er signalisierte ihnen, daß er keine Hilfe brauche, gab dem einen das Nachtglas und nickte ihm aufmunternd zu.

Er mochte sich nicht anmerken lassen, daß ihm die Höhe etwas ausmachte. In seiner Ausbildung hatte er am Seil oder mit Haken wesentlich größere Höhen überwunden, und das Fallschirmspringen gehörte zwar nicht zu seinen Leidenschaften, machte ihm aber nichts aus. Jedoch stammte er aus einem Land, in dem Bäume selten waren; ihr Erklettern gehörte nicht zu den verbreiteten kindlichen Vergnügungen, und beim Training hatte man es schlicht vergessen.

Falls es den beiden anderen ähnlich ging, ließen sie es sich nicht anmerken. Der mit dem Fernglas suchte sich drei Meter über seinem Anführer eine bequeme Position und führte das Glas an die Augen. Die vergilbten Blätter der umstehenden Bäume versperrten ihm noch immer die Sicht. Über ihm wurden die Äste immer dünner, doch die Pflicht erforderte den vollen Einsatz, also gab er den sicheren Sitz auf und stieg noch höher. Die Beine zitterten, oder waren es die Äste? Den Boden konnte er längst nicht mehr erkennen, doch dafür sah er, als er das Glas an die Augen führte, endlich das umzäunte Gelände vor sich.

Der Zaun war nicht deshalb so hoch, weil er Interessantes verbergen sollte; an den meisten Stellen konnte man ohnehin ungehindert durch die Maschen blicken. Da gab es nur einen großen, asphaltierter Platz mit zwei flachen Gebäuden, einigen Containern, einem Kran und etlichen geparkten Fahrzeugen. Dahinter ein Berg mit einem Stahltor, das offen stand. Aus dem Tor schimmerte Licht. Menschen waren nicht zu sehen, abgesehen von einem Mann, der rauchend neben einem LKW auf und ab lief, vermutlich dem Kraftfahrer, der auf seine Ladung wartete. Ein friedliches, ein normales Bild, abgesehen von der Uhrzeit. Es war Mitternacht, und es gab keinen vernünftigen Grund, weshalb ausgerechnet jetzt legale Fracht verladen werden sollte.

"Es scheint zu stimmen", flüsterte der Mann mit dem Glas seinem Kameraden zu, der dicht unter ihm kauerte und wesentlich weniger sah. Der gab die Nachricht weiter.

"Scheint?" fragte der Anführer zurück. "Drückt euch präziser aus!" Auch er flüsterte, obwohl mit Sicherheit niemand in der Nähe war, der sie hätte hören können.

Es verging fast eine halbe Stunde, bis die Männer auf dem Baum endlich zu sehen bekamen, worauf sie gewartet hatten. Sie fröstelten im eisigen Nieselregen und konnten sich, im Unterschied zu den beiden auf dem Boden, nicht mal durch Bewegung warmhalten. Doch auch die beiden Kletterer, die wenig bis nichts sahen, harrten auf dem Baum aus. Der Mann, der den kleinen Trupp anführte, streichelte den Griff seiner Pistole im Achselhalfter. Die Aktion würde ein rauschender Erfolg werden, nicht nur sein persönlicher, sondern einer der größten in der Geschichte seines Landes. Er war berufen und auserwählt, ein Held zu werden.

Der Mann mit dem Nachtglas schilderte, was er sah. Aus dem Berg kam ein flacher Transporter, der einen großen Container geladen hatte. Nebenher liefen vier Männer. Einer bestieg den Kran, die anderen machten sich an Ketten oder Trossen zu schaffen; so genau war das auch mit dem starken Glas aus fast einem Kilometer Entfernung nicht zu erkennen. Der immer noch oder schon wieder rauchende Fahrer gesellte sich zu ihnen, half ihnen.

Der Mann mit dem Glas war der einzige aus der Gruppe, der fließend deutsch sprechen konnte, und zu seiner Ausbildung hatte auch gehört, daß er lernte, von den Lippen zu lesen, aber das funktionierte nicht bei dieser Entfernung und Beleuchtung. Und hätte er es verstanden, wäre er enttäuscht gewesen. Die Männer auf dem umzäunten Gelände besprachen nur das Notwendigste " faß mal mit zu, halt mal, jetzt lösen. Alles klar. Was man eben sagt, wenn man einen Container auf einen Lastkraftwagen lädt.

"Dann kann ich jetzt los", sagte der Fahrer, nachdem er sich vom korrekten Sitz seiner Fracht überzeugt hatte.

"Wir halten den Zeitplan ein", widersprach Einhard, der die Aktion beaufsichtigte.

"Es ist kalt." Demonstrativ klappte der Fahrer das Revers seiner Lederjacke zu. "Ob ich jetzt fahre oder in zwanzig Minuten, das ist doch egal!"

"Mir ist es egal, und dir auch", Einhard kehrte den Kumpel heraus, "aber sie haben uns ihren Aufpasser geschickt." Er deutete über seine Schulter.

"Der sitzt im Warmen", murrte Trautmann, der Fahrer.

"Geh doch auch rein. Trink noch einen Kaffee."

"Warum nicht gleich so?"

Trautmann und die Verladearbeiter schlenderten in den nächstgelegenen Flachbau. Einhard betrat das andere, etwas größere Gebäude und ging in sein Büro, ein recht geräumiges Etablissement mit ovalem Konferenztisch, Schreibtisch und etlichen lederbezogenen Stühlen. Am Fenster stand ein massiger Mann und schaute auf den Hof. Langsam wandte er sich um.

"Noch eine Viertelstunde", sagte Einhard.

"Haben wir das nötig?" fragte der Dicke.

"Wir haben", sagte Einhard, "und Sie erst recht. Es sind Ihre Leute, die den Plan gemacht haben, Dr. Rollinger."

"Nicht meine Leute", korrigierte Rollinger. "Ich war es. Das ist ja das Problem."

"Wieso? Haben Sie einen Fehler gemacht?"

"Der Plan ist in Ordnung. Die Aktion ist es nicht."

"Wir verdienen schnelles gutes Geld. Was sollte daran falsch sein?"

"Reden Sie keinen Blödsinn, Einhard. Wir wissen, daß wir uns strafbar machen. Es mag schnelles Geld sein, gutes ist es mit Sicherheit nicht! Wir führen uns auf wie die Mafia! Verladen bei Nacht und Nebel. Schicken eine Tarnfuhre auf die Straße! Und eine Stunde später folgt die echte, wenn die Polizei sie unbehelligt läßt! Wohin soll das noch führen?"

"Und dann erfinden wir auch noch großartige Codewörter!" stichelte Einhard. "Pollux! Da kommt ganz bestimmt keiner drauf, was es wirklich ist."

Rollinger war zu aufgebracht, die Ironie zu bemerken. "Das ist nicht von mir", sagte er. "Zu albern. Aber die Aktion Pollux ist absolut nicht albern. Sie ist brandgefährlich!"

"Nun übertreiben Sie mal nicht", Einhard versuchte ihn zu beruhigen. "Sie dürfen nicht alles glauben, was in der Presse steht. Polizisten verstrahlt, weil sie nebenher gelaufen sind! Wir gehen täglich mit dem Zeug um, und bei uns gibt es nicht einen einzigen Kranken! Nicht einen!"

"Ich meine doch nicht die Strahlungsschäden!" Rollinger schüttelte den Kopf. "Castor-Transporte sind verboten..."

"Nur zeitweilig", warf Einhard ein.

"Oder für immer. Das ist ohne Belang. Verbot ist Verbot. Wenn wir erwischt werden, wandern wir ins Gefängnis."

"Aber wir können uns wenigstens teure Anwälte leisten", stichelte Einhard.

"Haben Sie denn keine Angst, Einhard?"

"Ohne Risiko ist das Leben langweilig. Ihre Einwände kommen ein paar Wochen zu spät."

"Ich weiß." Rollinger wandte sich zum Fenster und starrte hinaus.

"Haben Sie die Bedenken Ihrem Vorstand vorgetragen?"

"Natürlich habe ich das. Daraufhin wurde ich mit der Organisation beauftragt."

"Und warum haben Sie nicht gekündigt?"

Doktor Rollinger starrte schweigend auf den Hof.

"Übrigens sind das gar keine Castor-Behälter", fiel Einhard ein.

"Ich weiß. Um so schlimmer. Ich halte das ganze Unternehmen für eine kurzsichtige Fehlentscheidung."

Verächtlich kräuselte Einhard, der Leiter des Zwischenlagers, den Mund. Es hatte keinen Sinn, mit diesem Waschlappen zu diskutieren. Er sagte, er werde den ersten Fahrer auf den Weg schicken, und verließ das Büro.

Durch das Fenster beobachtete Rollinger die Abfahrt. Ihm war übel. Er wollte nur noch ins Bett und die Decke über den Kopf ziehen, aber er mußte noch eine ganze Stunde in Einhards ungastlichem Büro ausharren. Bis zum eigentlichen Transport.

Beobachtet wurde die Abfahrt auch von der anderen Seite. Die drei auf dem Baum klapperten vor Kälte, doch der Mann mit dem Fernglas blieb wachsam.

"Es geht endlich los", meldete er.

"Sicher?" fragte der Anführer.

"Ganz sicher. Der Wagen mit der Ladung fährt in Richtung Tor. Das Tor wird geöffnet..."

"Dann los!"

Alle drei setzten sich gleichzeitig in Bewegung. Der Baum schwankte, der mit dem Fernglas versuchte, sich an einem Ast festzuhalten. Die klammen Hände rutschten ab, er fuchtelte in der Luft herum, nun rutschten auch die Füße, er glitt aus, warf die Arme um einen Ast, doch da die Füße bereits in der Luft hingen, trug der das Körpergewicht nicht und knackte weg. Der Mann schrie, als er stürzte, vorbei an dem anderen, der direkt unter ihm gestanden hatte, direkt auf den Anführer zu, der versuchte, ihn festzuhalten. Doch auch dessen Hände waren klamm, sein Körper erstarrt, die Bewegungen zu langsam. Er berührte den vorbeistürzenden Mann, bekam nicht mal einen Zipfel des Mantels zu fassen.

Der Fall wurde durch eine Astgabel gebremst, auf die der Mann mit dem Kreuz traf. Die Wucht war groß genug, es ihm zu brechen. Er rutschte weiter, fiel mit dem Kopf zuerst auf den Waldboden.

Die beiden anderen kletterten schnell hinab und standen kaum später neben ihrem Kameraden als die beiden, die auf dem Boden gewartet hatten. Der Schrei war längst verstummt, doch gellte er allen noch immer in den Ohren. Der Anführer beugte sich über die verkrümmt auf dem Boden liegende Gestalt und schaltete seine Taschenlampe an. Blutiger Schaum stand vor dem Mund des Gestürzten. Die Augen standen weit offen. Er wollte noch etwas sagen, aber mehr als ein Blubbern brachte er nicht zustande. Der Anführer schloß ihm die Augen und schaltete die Taschenlampe aus. Er wollte nicht, daß seine Leute sein Gesicht erkennen konnten. Denn zum ersten Mal bei dieser Mission, ja, zum ersten Mal in seinem ganzen Leben, war er vollkommen fassungslos. Soeben hatte er bei der geheimsten und wichtigsten Mission, die ihm jemals übertragen worden war, durch einen lächerlichen Unfall den einzigen Mann verloren, der der Landessprache mächtig war.

Sie nahmen den Toten mit, nicht nur aus Gründen der Pietät. Wurde die Leiche unter dem Baum gefunden, wußte die Polizei sofort, was er beobachtet hatte. Das wäre zwar vermutlich zu spät, etwas zu verhindern, doch würde die Aufklärung erleichtert werden.

Die Leiche wurde im Kofferraum des gemieteten VW Polo verstaut, der in einem Waldweg geparkt war, vor zufälliger Entdeckung geschützt, doch nah genug, um den Wagen notfalls zur Straße schieben zu können, falls er sich auf dem schlammigen Sandweg festfuhr. Der Anführer setzte sich selbst ans Steuer. Sein Gesicht strahlte nur noch Entschlossenheit aus, und das entsprach seinem Gefühl. Von jetzt ab würde nichts mehr schiefgehen, das wollte, ja, das wußte er. Der Laster war längst außer Sicht, doch nahmen sie an, daß er zur Autobahn fuhr, zur A 81, die lag am nächsten. Und um diese Zeit waren auf den Bundesstraßen nicht viele Fahrzeuge unterwegs. Falls der Mann mit dem Fernglas die Zulassungsnummer erkannt haben sollte, hatte er das Geheimnis mit in den Kofferraum genommen, in dem er zusammengeknautscht lag. Doch hatte er ihnen gesagt, was deutlich lesbar an der Fahrertür stand: Spedition Ohlhammer, Hamburg.

Bereits nach fünf Minuten überholten sie den Wagen und vergewisserten sich im Vorbeifahren, daß die Aufschrift stimmte. Im nächsten Ort hielten sie am Straßenrand und ließen sich überholen. Die Zeit zum Handeln war noch nicht gekommen.

Drei Stunden später, sie hatten auf der A 7 gerade Würzburg passiert, blinkte der LKW rechts und fuhr auf einen Rastplatz. Fast hätten sie es übersehen, weil ihr Sicherheitsabstand sehr groß war. Natürlich folgten sie ihm, mußten ihn aber überholen, weil er gleich vornan parkte. Sie stellten sich auf einen der für PKW vorgesehenen Stellplätze und beobachteten, was der Fahrer tat. Er stieg aus, ging ein paar Schritte ins Dunkel und stellte sich an einen kleinen Baum. Dann kehrte er in seinen Wagen zurück, stieg ins Fahrerhaus, schaltete das Licht ein und kramte herum, bis er sein Freßpaket gefunden hatte. Er trank Kaffee aus dem Deckelbecher seiner Thermosflasche und aß einen Hotdog oder etwas Ähnliches; so genau konnten sie es nicht erkennen. Dann schaltete er das Licht aus, fuhr aber nicht ab, sondern rauchte eine Zigarette.

Die vier Männer im Wagen schwiegen. Sofern jemand sie beachtete, nahm er sicher an, daß sie schliefen. Der Anführer brauchte lange, ehe er sich zum Handeln entschloß. Die Gelegenheit schien günstig, nur war der Parkplatz nicht leer. Fünf Lastkraftwagen und fast ein Dutzend PKW standen dort, und nicht alle Insassen schliefen. Die Autobahn war nah, ständig fuhren Autos mit blendenden Scheinwerfern vorbei. Außerdem hatten die Deutschen die unangenehme Marotte, ihre Rastplätze zu beleuchten. Ab und zu kam ein neuer Parker, oder einer der Parkenden fuhr weiter. Wenigstens hatte der Verfolgte nicht an einem Rasthof gehalten. Da wäre es noch heller und noch belebter gewesen.

"Zu zweit", sagte der Anführer und deutete auf den Beifahrer. Gerade als sie aussteigen wollten, traf ein weiterer LKW ein. Er fuhr vorbei und hielt am vorderen Ende das Platzes. Der Fahrer stieg aus und pinkelte an seinen Reifen. Die Männer im Polo warteten, bis er wieder zu seiner Kabine ging.

"Jetzt!" sagte der Anführer. Entschlossen stiegen sie aus, liefen zum LKW. Der Anführer riß die Fahrertür auf, stieg auf den Tritt und drückte dem verblüfften Mann eine Pistole an die Schläfe.

"Keine Bewegung! Kein Wort!" sagte er englisch. Trautmann verstand ihn nicht, doch die Pistole war deutlich genug.

"Rutschen!" Da dem Kommando eine eindeutige Geste fehlte, blieb Trautmann sitzen und wartete auf eindeutigere Anweisungen. "Rutschen!"

Was konnte der Ausländer schon wollen! Trautmann griff nach seiner Brieftasche. Der Anführer sah die Bewegung und schlug ihm die Pistole ins Genick, trotz des fehlenden Schwungs mit solcher Wucht, daß Trautmann sofort das Bewußtsein verlor. Der Anführer schob ihn auf die Beifahrerseite und stieg endlich ein. Sein Begleiter wollte ihm gerade folgen, als er von hinten angesprochen wurde.

"Was ist denn hier los?"

Er verstand die Frage nicht, fuhr herum, drückte ihm sofort die Pistole an die Stirn. Zur gleichen Zeit wurden dem Deutschen von hinten zwei Pistolen in die Nieren gedrückt. Die beiden im Polo hatten ihn zu spät bemerkt, waren aber gerade noch rechtzeitig eingetroffen, um Aufsehen zu vermeiden.

"Get on the truck! Quiet!" zischte der Polobeifahrer.

"Einsteigen?" fragte der Deutsche, der ein paar Worte englisch verstand.

"Get on!" wiederholte der Ausländer.

Der Deutsche stieg ein, der Ausländer folgte und zog die Tür hinter sich zu. Die beiden anderen suchten den Schatten eines Baumes

Für vier Personen, von denen eine auf der Sitzbank lag, war die Fahrerkabine zu eng. Sie drängten sich aneinander, die Pistolen drückten in den Bauch des Deutschen, der schwitzte und nicht wagte, sich nach dem Befinden des Bewußtlosen zu erkundigen.

Auch die Bewaffneten hatten keine Frage. Sie starrten ihn finster an. Das unbehagliche Schweigen dauerte eine Minute, die dem Bedrohten wie eine Ewigkeit erschien.

Endlich fragte ihn der Anführer auf englisch, ob er den Wagen fahren könne.

"Das ist nicht meiner", antwortete der Mann.

"Das war nicht dir Frage. Kannst du den Wagen fahren?"

"Ja."

"Dann fahr ihn."

"Ich habe selber..."

"Fahren!"

"Wohin?"

"Fahren!" Er drehte dem Bewußtlosen die Arme auf den Rücken, legte ihm Handschellen an und verklebte ihm den Mund mit Heftpflaster. Dann setzte er sich auf seinen Rücken.

"Fahren!" ordnete er noch einmal an.

Der Zündschlüssel steckte, der Mann startete und fuhr los. Die beiden anderen stiegen in den Polo und folgten dem Laster.  Daß der Container, den sie gestohlen hatten, leer war, wußten die Entführer nicht. Auf dem Parkplatz blieb ein LKW zurück. Er stammte ebenfalls von der Spedition Ohlhammer, was in kleinen Buchstaben an der Kabine stand, doch achtete niemand darauf. Seine Fracht war ein unbeschrifteter grauer Container, der einen kleineren Container von Castor-Qualität verbarg. Dessen Ladung: Strahlender Atommüll. Wenigstens hatte der Fahrer die Tür abgeschlossen.

 

 

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