Klaus Hart

18.12. 1949 – 19.3.2023

Seine Lebensbahn begann und endete in Thüringen. In der Zwischenzeit umkreiste Klaus mehrfach die Erde und arbeitete fern von Thüringen, davon dreißig Jahre – fast das halbe Leben – in Brasilien. Seine Liebe zur Musik bestimmte früh den Lebensplan. Er lernte das Klavierspiel und wollte nach dem Abitur Musik studieren. Vor dem Studium musste er den Grundwehrdienst bei der NVA absolvieren. Dort brach er sich einen Arm. Der Bruch war kompliziert, die Heilung ging langsam voran, er konnte nicht mehr Soldat sein (die Hälfte des Wehrdiensts wurde ihm erlassen, was bei der NVA selten vorkam) und auch nicht mehr professionell Klavier spielen. Doch nach langer Pause wagte er sich wieder an die Tasten, er spielte gut genug, dem Drang nachgeben zu wagen, auf jedes Klavier am Wegesrand mit Wonne einzuämmern, auch wenn es offiziell nicht erlaubt war. Er schlich oder rannte in Vorlesungspausen zum Klavier (ein Stockwerk über dem Vorlesungssaal), und er spielte Jahre danach auch in Reha-Kliniken, sofern es ihm nicht verboten wurde.
Aus dem Musiker wurde ein Journalist. Beim Studium in Leipzig (1970 bis 1974) lernten wir uns kennen. Wir waren in einer Seminargruppe, im ersten Studienjahr wohnten wir in einem Internatszimmer. Zwei Jahre betreute ich einen syrischen Kommilitonen; als ich mich einer Differenz wegen zurückzog, übernahm Klaus das Tutoriat. Ich war (bis ich abgesetzt wurde) der Parteigruppenorganisator (sozusagen der Parteisekretär der Seminargruppe), Klaus leitete das aktuell-politische Gespräch (das Parteilehrjahr der Seminargruppe). Bei einem der Politik erörternden Gespräche tat ich etwas, das ihn beeindruckte, vielleicht gar seine Sicht beeinflusste. Ich hatte es längst vergessen, Klaus schrieb (mailte) und erzählte mir Jahrzehnte danach davon. Mehrfach. Ich erinnere mich gut an seine Erzählung, kaum an das Ereignis (das für mich also ein Nicht-Ereignis war). Anfang der 70er war im Westen die Baader-Meinhof-Gruppe aktiv (die sich selbst Rote Armee Fraktion nannte, RAF). In mehreren Texten begründete die Gruppe die Notwendigkeit des Terrorismus beim antiimperialistischen Kampf. Wahrscheinlich handelte es sich um "Das Konzept Stadtguerilla", worüber wir Junggenossen sprechen wollten. In den DDR-Zeitungen wurde das "Manifest" (so nannte es Klaus in seiner erinnernden Erzählung) nur knapp erwähnt. Da zog ich aus meiner Aktentasche einen "Spiegel" und sagte der Gruppe, dass darin der fragliche Text abgedruckt sei. Ich schlug vor, ihn vorzulesen, damit wir wissen, worüber wir reden. Mein Vorschlag wurde erst einmal durch die Frage blockiert, ob man eine Westzeitschrift für die sozialistische politische Bildung nutzen dürfe. Man darf, einigten wir uns. Ich las, wir sprachen. Was wir redeten, ist für den Vorfall irrelevant (wir begrüßten den Antikapitalismus der RAF, hielten Terror aber für einen gefährlich falschen Weg). Prägend für Klaus war, dass der Parteisekretär im Parteilehrjahr aus einer verbotenen Westzeitschrift vorlas. Seitdem hielt er mich für mutig (irrtümlich; mit Mut hatte das wenig zu tun, mehr mit Naivität: Das Provokatorische meines Verhaltens war mir nicht bewusst), vor allem aber wurde ihm klar, dass man nicht immer den (tatsächlichen oder gewähnten) Vorschriften folgen muss. Der Inhalt/das Thema/die Wahrheit zählt, nicht die ideologische Verpackung. Vielleicht hat meine naive Normverletzung dazu beigetragen, dass er ein hervorragender Journalist wurde, der sich nicht von verordneten Meinungen vom Weg abbringen ließ.
Davon bekam ich zunächst wenig mit. Nach dem Studium verloren wir uns aus den Augen, ich wurde nach Neubrandenburg verfrachtet und arbeitete in Altentreptow, Klaus war in Berlin bei ADN (der Nachrichten- und Bildagentur der DDR) im Einsatz. Bald darauf erfuhr ich (keine Ahnung, wie; Buschfunk), dass er abgehauen ist, was alle, die ihn kannten, wunderte; er hatte zuweilen Tendenzen zum 150-Prozentigen gehabt. Dass man ihn rübergeschickt hatte, verwarfen wir (Freunde und Bekannte), zum Spion war er in seiner fast schon übertriebenen Redlichkeit nicht geeignet. Jahre später fragte ich ihn. Natürlich sei er kein Agent gewesen. Er habe den ihm bisher versperrten Teil der Welt kennenlernen wollen, insbesondere Brasilien, schließlich sprach er portugiesisch. Er nutzte eine NSW-Dienstreise für den Absprung, flog von Afrika weit westwärts und meldete sich in Rio bei der westdeutschen Botschaft. Die BRD war nie sein Ziel gewesen, aber an die DDR-Botschaft konnte sich der Republikflüchtling natürlich nicht wenden. Die Westdeutschen hungerten ihn aus: Erst müsse er sich in der BRD einer geheimdienstlichen Überprüfung stellen, ehe es neue Papiere gibt. Nach ein paar Tagen ohne Geld und gültige Papiere resignierte er, entflog dem Traumland und stellte sich den Schlapphüten. Der Bundesnachrichtendienst überprüfte ihn; er besaß eine Akte über Klaus, die erstaunlicherweise bis in die Studienzeit zurückreichte (Klaus entzifferte etliche der für ihn kopfstehende Worte, während sein ihm gegenübersitzender Befrager/Vernehmer sich der Akte bediente, um die nächste Frage stellen zu können oder die Antworten zu bezweifeln. Hatte der BND einst den Juniorpianisten und angehenden Journalisten vom Lande beobachtet? Das ist unwahrscheinlich, doch verschaffte es ihm Unbehagen. Hatte er in Leipzig unter dem Brennglas des BND studiert? Woher kannten sie Namen seiner Kurzzeitfreundinnen? Am Ende der Untersuchung wurde er vom Stasi-Verdacht entlastet. Er erhielt die benötigten Papiere und bei der Gelegenheit auch gleich noch einen neuen Familiennamen (es wäre unklug, zu riskieren, dass ein Journalist, der von Berufs wegen viel herumreist {vor allem, wenn sein Berufsziel Auslandskorrespondent ist}, auf irgendeinem Ostblock-Flughafen als Republikflüchtling identifiziert und heimgeschickt wird). Acht Jahre arbeitete er beim NDR (dem Norddeutschen Rundfunk) in Hamburg. Dann konnte er endlich nach Brasilien umziehen. Dort blieb er dreißig Jahre (mit einer zweijährigen Unterbrechung; da wohnte er quasi bei mir um die Ecke in Berlin). Als Rentner zog er nach Oldisleben ins elterliche Haus zurück. In zwei Blogs sammelte er, was über Brasilien, Deutschland und Thüringen geschrieben wurde. Und das bis zuletzt. Die lange schwere Krankheit reduzierte sein Engagement, doch erst der Tod beendete es.
Er war Umweltschützer aus Leidenschaft – mit dem Schwerpunkt Vogelschutz. Als junger Mann war er Mitbegründer einer Hamburger Gruppe (Bunte Liste), die zu den Vorläuferorganisationen der Grünen gehört. Dem Gründer missfiel die Entwicklung seiner Partei. Die Grünen promoteten Windräder (Kranichhäcksler war vor Jahrzehnten das erste Wort, das ich von Klaus übernahm) und scherten sich nicht um das Leben der Vögel. Die Fixierung auf CO2 besteuert das Atmen, nicht die Umweltzerstörung, die Emissionszertifikate verteilen Geld um, ohne die Welt zu retten. Aus der einst friedensbewegten Partei entwickelten sich olivgrüne Kriegsbefürworter. Da der Klimaschutz den Umweltschutz (inzwischen komplett) beseitigte, verlor die "Anti-Umwelt-Partei" (so nannte sie Klaus bei jeder sich bietenden Gelegenheit) ihre Existenzberechtigung und wurde eine neoliberale Lobbygruppe wie alle anderen Parteien: Die SPD verschrottete das Soziale. Die C-Parteien trennten sich de facto von Christus. Die Linke ist fast nur im Namen links; spätestens seit sie mit den anderen Woken um die Wette gendert, hat sie endgültig den Kontakt zu ihrer potentiellen Klientel verloren. Die AfD hat die Linke längst links überholt, was nur unter Mühen bemerkt wird, weil diese Partei als nach Schwefel stinkend und erzrechts dargestellt wird. Jedenfalls nach den Mainstreammedien, für die Klaus übrigens hauptsächlich gearbeitet hat: Neue Zürcher Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Jüdische Allgemeine Zeitung, Radiosender der ARD. Und immerhin druckten oder sendeten die Medien die meisten seiner Beiträge, auch wenn sie mit dem jeweiligen Tendenzschutz des Verlages kollidierten. Dass (nicht nur) in Deutschland nicht die Wahrheit oder die Erkenntnisse des Journalisten einhegen, was geschrieben wird, sondern der Verleger bestimmt, auf welche Art und in welchem Rahmen sich die Mitarbeiter äußern dürfen, steht so in Gesetzen, doch wird dies von vielen nicht geglaubt. Eine Zensur findet nicht statt? Die Pressefreiheit ist die Freiheit des Verlegers, in seinem Verlag seine Meinung drucken zu lassen. Sofern der Begriff "Meinung" hier überhaupt eine Berechtigung hat; zumeist meinen sie das, womit sie die Regierung beauftragt oder wofür sie die privaten Finanziers (wie, z.B., Pharmakonzerne) bezahlen. Das war ein wichtiges Thema für den freien Auslandskorrespondenten. In den ersten 15 Jahren (das waren die 80er und 90er Jahre; er wohnte in Rio) wurde er zwar auch schon mal zensiert, Worte wurden ausgetauscht, in Büchern verschwanden ganze Kapitel, die den Verlegern als zu kritisch erschienen. Doch verglichen mit den zweiten 15 Jahren (er wohnte in Sao Paulo) waren die Freiheiten groß. Nun, in den Nuller- und Zehnerjahren, verschwanden die alten Redakteure, die zu würdigen wussten, dass einer der letzten echten Journalisten (einer mit unabhängiger Weltsicht) für sie in Lateinamerika arbeitete. Die Nachfolger wussten wenig mit dem Mann aus dem anderen Jahrtausend anzufangen. Er beobachtete und erlebte weiter, informierte über die alltägliche Gewalt, über korrupte und die Umwelt schreddernde Politiker, über alles, was in Brasilien und dem Rest der Welt geschah.
Als ich 1993 nach Brasilien flog und dort herumreiste, hatte ich einen Reiseführer dabei, den Klaus (mit-)verfasst hatte. Das ahnte ich nicht, denn er hatte ja den Namen gewechselt. Als ich vier Jahre später den Friedrich-Glauser-Preis für eines meiner Bücher erhielt, las er das in der Neuen Zürcher Zeitung und nahm Kontakt zu mir auf. Von da an schrieben wir uns (oft sehr lange) Mails, und wenn er in Berlin landete oder am Tag vor dem Start nach Brasilien kam er bei mir vorbei, übernachtete, und wir debattierten auf meinem Balkon. Als er nach Thüringen zurückgekehrt war, besuchte ich ihn oft. Er schaffte es (mehrfach), mich zum Schreiben zu drängen (die Rubrik "Kein Blog" auf meiner Homepage gäbe es ohne Klaus nicht). Als Depressiver bin ich antriebsgewächt und wollte nie wieder etwas (Journalistisches oder Literarisches) schreiben. Dass er (dem es viel schlechter als mir ging – der Krebs schmerzte) aktiver Blogger blieb und mich zum Schreiben drängte, imponierte mir (zu selten ging ich darauf ein, sage ich heute. Immerhin: Wenn mich jemand in Bewegung setzen konnte, war es Klaus).

Dies ist für einen Homepage-Nachruf schon zu lang geworden, obwohl nur ein Bruchteil gesagt ist. Dennoch folgen nach dem Bildteil noch mehr Worte. Die hat allerdings Klaus geformt. In Mails teilte er mir oft mit, wie er lebte, meist sarkastisch zugespitzt, immer drastisch wahr. Was er in der zweiten Mail über mich vermutete, war schmeichelhaft, aber übertrieben. Er war der Typ, der die abenteuerliche, oft gefährliche Recherche nicht scheute; ich saß derweil am heimischen Schreibtisch und verfasste Romane.


 

 

Libelle am Forellenteich der Waldgaststätte Cleric in Bilzingsleben. Die Gaststätte ist nicht nur der Landschaft wegen zu empfehlen.

Esdra und Klaus als Libellenfotografen am Forellenteich Bilzingsleben. Vor dem Wald im Hintergrund fließt (für die Fotografen und Betrachter unsichtbar) die Wipper vorbei, ein Nebenfluss der Unstrut. Ein kleiner Fluss für Deutschland, ein großer Fluss für Thüringen.

 

Klaus vor dem Haus.

Esdra und Klaus grillen vor dem Haus.

 

April 1973: Mehrtägige Exkursion der Seminargruppe 36 des Dritten Studienjahres Journalistik der Karl-Marx-Universität Leipzig nach Dresden. Die beiden nebeneinanderstehenden großen jungen Männer links der Bildmitte sind Klaus (der rechte) und ich. Weshalb Klaus und ich fast gleichgroß wirken, ahne ich nicht: Er war 15 Zentimeter größer als ich.

August 2019: Kommilitonen 45 Jahre nach dem Studium beim Frühstück im Freien. Danach wanderten wir bei jedem meiner Besuche bergauf und durch den Wald oberhalb von Oldisleben (bis Klaus zu krank für ausgedehnte Wanderungen war). Im Verlauf des Tages redeten wir stundenlang, lasen viel (von Presse bis Belletristik), und abends wurde oft gesungen, begleitet vom lauter als ich schmetternden Klaus am Klavier.

 

   

Dezember: Es ist zu kalt für Mahlzeiten im Freien, doch die Aussicht auf Oldisleben bleibt erfreulich, umso mehr, wenn man – wie auf dem Foto oder wegen Kurzsichtigkeit – das Spalier der Kranichhäcksler am Horizont nicht erkennt.

 

August, Kaffeezeit: Entspannter Blick über den großen Garten. Haus und Dorf.

 

 

Rast bei der Winterwanderung durch den Wald bei Oldisleben..

Und weiter geht es, dem Abendrot entgegen, Zum unentdeckten Land, von des Bezirk kein Wanderer wiederkehrt.

 

Mail von Klaus Hart an mich, 4.12.2001:
Oi, Hartmut, gestern hat ein Bekannter von mir, der eine Menschenrechtsorganisation leitet, gleich bei mir um die Ecke, in der Nebenstraße am Vormittag einen Attentatsversuch überlebt. Ist das nicht toll? Er parkte den Wagen vorm Büro, zwei Typen aufm Motorrad fuhren heran, fingen sofort an zu schießen. Instinktiv hielt er die Mappe mit dem vielen Papier vor die Herzgegend, da sind die Kugeln alle im Papier steckengeblieben, nur in die Beine hat er einige abgekriegt. Mir war ja damals in Rio auch mulmig, als die aus dem Auto auf mich schossen. Daran, daß in dieser Nebenstraße, seit ich hier wohne, nur ganz wenige Leute erschossen worden sind, siehst Du, daß es eine recht gute bis sehr gute Gegend ist. In meiner immerhin hats noch gar keinen Toten gegeben, nur Entführungen. Aber ich war wohl gut beraten, nicht in diese Nebenstraße zu ziehen, wo ich auch eifrig nach einer Bude gesucht hatte ...

Mail von Klaus Hart an mich, 11.12.2011
Hallo Hartmut, bin noch nicht völlig wach, aber so rein intuitiv ein paar Gedanken zu Deinen. Mein Jahr war das beschissenste, schlechteste bisher hier, mein ganzer Lebensstil ist zusammengebrochen, in den Müll, ich schlage meistens in der Bude die Zeit tot an der Website. Bei mir kommen die Antriebe wohl vom Sternzeichen Schütze, von dem detektivischem Spaß am Aufdecken bestimmter Lügensysteme, vom Provoziertsein durch unglaubliches Elend gleich bei mir um die Ecke. Würde ich in Berlin hängen wie Du, gings mir womöglich ähnlich. Vielleicht hättest Du tatsächlich den Sprung nach Venezuela machen sollen – für mich war ja der Absprung das Beste, was ich machen konnte, auch, wenns zum Ende hin eher in Quälerei ausartet. Dieses Jahr hatte ich immer mal den Impuls, hinzuschmeißen, die Koffer zu packen, besser in O. Klavier zu spielen, von Stütze zu leben, als mich hier immer mehr in diesem Job von Rechtsextremen erniedrigen zu lassen. Es ist ja langsam wirklich fast alles verboten, was unserm Führer, (hier wird Lula allen Ernstes „Nosso Guia“ genannt, hat der etwas Deutsch verstehenden Joao Ubaldo Ribeiro eingeführt, haben viele brasilianische Kollegen übernommen) nicht gefallen könnte, Lob, Lob und nochmals Lob muß es sein, nur ein bißchen abgesprochene Kritik, klar, aber wehtun darf die nicht. Irgendwie recht früh habe ich mir gesagt, wenn schon diese von Dir benannte Rumkämpferei, dann muß die aber zu allererst mir was bringen, irgendeine Art von Zufriedenheit, Selbstverwirklichung. Na, und ob daher alle Welt, die früher noch mit mir redete, reden wollte, nun den Kontakt abgebrochen hat oder nicht, kuriose Entwicklung, ich machs zuallererst für mich und für die, die gar keine Stimme haben. Klingt entlehnt von den Slumpriestern, den stockkatholischen, zu denen ich eigentlich langsam ins Kloster ziehen sollte, könnte. Andere Helden kann ich im Alltag hier kaum noch entdecken, es sei denn, ich nehme ein paar Aktivisten von diesen Slumpriestern dazu. Was hats gebracht? Es gibt jeden Tag in über 120 Ländern welche, inzwischen rund 2000 täglich, laut Statistik, die sich für diese Leute interessieren. Also ganz in den Wind ist es doch nicht. Manchmal hätte ich Dich gerne dabei, wegen Deiner Reflexionen. Mit recht viel Org-Aufwand im Gefolge der Adveniat-ZDF-Messe in einem Slum bin ich da ein bißchen rumgekraxelt, war eine Art Abenteuer, die ich immer mal brauche wie Du, wie wohl fast jeder – und habe da Sachen gesehen, gerochen, gefühlt – und schon ist da wieder ein Haufen Antrieb da. Wärst Du mit mir da rumgelaufen – oder, irre, wie Du bist, womöglich einfach mal ein paar Tage dort geblieben, was ich aus Todesangst nicht hinkriege, hättest Du womöglich jetzt diesen bestimmten Extremkick, der Dir nicht mehr aus dem Kopf geht.
Mag sein, kämpfen ist sinnlos, bringt nix. Aber da, bei allem Respekt, hat mich nun wirklich die DDR versaut, hatte ich die falschen Lehrer. Wäre ich in Hamburg aufgewachsen, würde ich Nosso Guia wohl klasse finden und und nicht in Gegenden gehen, wo man die ganze Zeit von Killern beäugt wird, und es Spezialkaten für außergerichtliche Hinrichtungen gibt.

Fortsetzung und Schluss der Mail vom 11.12.2011:
Nosso Guia wird gefeiert, weil er Millionen aus der Armut befreit hat, nur steht immer nicht dabei, wo denn beispielsweise in einer der heute teuersten Städte der Welt, Rio de Janeiro, die Armutsgrenze liegt. Bei umgerechnet 45 Euro monatlich umgerechnet, klänge wirklich scheiße, wenn man das druckte, kann ich ja verstehen. Ich machs dann eben gleich noch mal auf der Website und denke an die Leute, denen bei jedem unserer jetzt häufigen Sommergewitter die Kloake durch die Bude läuft, echt, stinkt barbarisch, die haben deshalb alle nicht nur Grindfressen. Auf Deine Wohnung umgerechnet- Deine Küche für sechs Personen, zwei Erwachsene, sechs Kinder. Leider liegen die noch arg unter der Armutsgrenze. Ich schicke Dir gleich mal das Foto von der umgerechneten Küche ...

Klaus war ein sehr produktiver Blogger. Unter www.hart-brasilientexte.de kann man nachlesen, was sich in Lateinamerika seit dem II. Weltkrieg ereignete, besonders genau informierte er natürlich über die Zeit, als er im Lande weilte. Das Blog kann ohne ihn nicht fortgeführt werden, bleibt aber als wichtiges Zeitdokument noch einige Zeit erhalten – zum Nachschlagen; die Suchfunktion funktioniert. Erhalten bleibt auch Blog Nummer Zwei, das er einrichtete, als er als Rentner in die alte Heimat zurückgekehrt war: www.zeitzeugen-oldisleben.de Auf beiden sehr umfangreichen Seiten werden durch oft ironisch anmoderierte, thematisch gebündelte Ausschnitte aus Zeitungen die Irrungen und Wirrungen der Zeit entblößt. Eine sehr umfangreiche Textsammlung zur Energiewende und zu den Windrädern befindet sich auf: http://www.hart-brasilientexte.de/2015/05/29/der-windkraft-und-energiewende-bluff-textsammlung/
Eine Auflistung von 62 Artikeln über Brasilien, die er für Das Blättchen verfasste (und die dort gelesen werden können), ergoogelte ich unter: https://das-blaettchen.de/schlagwort/klaus-hart

Zum Abschluss die Liste der Bücher, die er schrieb oder an denen er mitarbeitete, zitiert nach Wikipedia:
Traumstrassen. Die schönsten Reise-Routen in Südamerika, mit Olaf Meinhardt (Fotograf), Hubert Stadler (Fotograf), Rainer Waterkamp (Fotograf), Michael Allhoff (Co-Autor), Gerald Penzl (Co-Autor), Bruckmann, 2004, ISBN 978-3765442100
Traumstrassen Südamerika, mit Michael Allhoff (Co-Autor), Olaf Meinhardt (Co-Autor), Hubert Stadler (Co-Autor), Südwest-Verlag; 2001
Unter dem Zuckerhut. Brasilianische Abgründe, Picus Verlag, 2001, ISBN 978-3854527381*
Brasilien, mit Martin Wendler (Illustrator), Wolf Gauer (Co-Autor), Klaus Mehring (Co-Autor), C. J. Bucher, 2000
Rio de Janeiro mit Martin Wendler (Illustrator), Cormoran, München, 2000, ISBN 978-3517079837
Brasilien, mit Wolf Gauer (Co-Autor), Martin Wendler (Co-Autor), Bucher, München, 1998, ISBN 978-3765811982
Fernstenliebe. Ehen zwischen den Kontinenten. Die Andere Bibliothek, Georg Brunold (Co-Autor), R. Kyle Hörst (Co-Autor), Eichborn, 1999, ISBN 978-3821841724
Brasilien, mit Carl D. Goerdeler (Autor), Dtv, 1998
Buchers Städtereisen Rio de Janeiro, C. J. Bucher, 1996
Rio de Janeiro. Metropolen der Welt, mit Martin Wendler (Co-Autor), Bucher, München, 1996
Brasilien. Merian Super Reisen, Gräfe & Unzer, 1994
Rio. Merian Super Reisen, Gräfe & Unzer, 1994
Brasilien. Ein politisches Reisebuch mit Luiz Ramalho (Co-Autor), Vsa Verlag, 1993
Rio. Merian Besser Reisen, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg, 1991

 

Die Fotos auf dieser Seite stammen von Esdra Hart, Klaus Hart, Thomas Mechtel und Hartmut Mechtel

 

 


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